Digitale Nacht der Zukunft

►Quelle: Kreisbote vom 24.11.23

Weilheim – Ganz schön beschäftigt ist Armin Mutzbauer. Der Konrektor der Mittelschule in Weilheim steht nicht mit Kreide und Schulbuch an der Tafel, sondern er schmiert Semmeln und Brezeln. Butter, Schinken, Käse: „Wahnsinn, was alle für einen Hunger haben“, sagt er lachend. Reichlich Verköstigung: Das brauchen die Schüler der achten und zehnten Klassen an diesem Tag auch. Besser: an diesem Abend – denn bis 2 Uhr morgens müssen sie durchhalten. Seit 16 Uhr läuft in einem Klassenzimmer das Projekt „Digitale Zukunftsnächte“.

Die Vorgabe: sich darüber Gedanken zu machen, wie der eigene Wohnort an Lebensqualität gewinnen kann. Was läuft falsch, und wie könnte, ja, muss es besser werden? Zuerst geht es darum, Ideen zu sammeln und sie auf Karteikarten festzuhalten, die dann an die Pinnwand geheftet werden. Danach geht es an den Laptop: Mit Hilfe eines speziellen Programms sollen die Entwürfe Gestalt annehmen – je nach dem gewählten Thema. Der Bahnhof soll schöner werden – mit heller Beleuchtung, sauberen sanitären Anlagen oder Schließfächern? Oder ein echtes Wohlfühl-Schwimmbad soll entstehen, mit Sprungtürmen und Wellness-Bereich? Oder ein Flüchtlingsheim, das nicht abgelegen am Ortsrand, sondern mitten im Zentrum liegt?

Mit bausteinähnlichen Elementen setzt die Software „Minetest“ all diese Ideen virtuell im 3-D-Format um, Gebäude entstehen, Straßenzüge, Landschaften, eifrig bedienen die insgesamt 25 Schüler die Tastatur, ziehen den Cursor über den Bildschirm, grübeln, basteln, tüfteln, bis die Entwürfe stehen. Es folgt noch eine kurze Besprechung mit den beiden Moderatoren Mirjam Schneider und Gregor Walter, dann geht es in die Klassenzimmer, wo Matratzen ausgebreitet liegen. Nach einer anstrengenden Tagesarbeit folgt der wohlverdiente Schlaf, es ist schon früh am Morgen, halb drei Uhr.

Doch viel Zeit haben sie nicht – gleich am nächsten Morgen folgt die Abschlusspräsentation mit Preisverleihung für die drei besten Projekte. Schneider ist begeistert: „Das habt ihr toll gemacht, Kompliment!“ Was die Mittelschüler da gezaubert haben, stehe den Entwürfen von Realschülern und Gymnasiasten in nichts nach, „ihr seid unglaublich kreativ gewesen, man sieht, dass es euch Riesenspaß gemacht hat“, lobt Schneider von der medienpädagogischen Organisation „KidsLab“ – einem der Kooperationspartner der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ), die das bayernweite Projekt federführend begleitet.

Das Ziel: den teilnehmenden Schülern ein größeres Wissen über Mitwirkungsmöglichkeiten in ihrem Wohnort zu vermitteln – und sie dabei zu unterstützen, ihre Zukunft mitzugestalten. Das zunächst am digitalen Reißbrett: „Auf diese Weise können wir die Jugendlichen dafür begeistern, sich mit langfristigen Herausforderungen in ihrer Kommune zu beschäftigen und zugleich zeigen, dass die Zukunft ein Gemeinschaftsauftrag ist“, schildert BLZ-Direktor Rupert Grübl.

Was besser in Weilheim werden muss? Eine ganze Menge. Darüber geben die Karteikarten Auskunft, Wünsche wie „Mehr Freizeitmöglichkeiten“, „Günstiges Essen“, „Mehr Busfahrer“, „eine Disco für Schüler“ oder auch „Telefonzellen, wenn der Akku leer ist“ sind darauf festgehalten. Die Schülerin Helena Milakovic will die Sensibilität für die Belange von Flüchtlingen stärken – mit einer Unterkunft in der Ortsmitte. Ihren entsprechenden PC-Entwurf findet Schneider großartig, Platz drei hat sie ergattert. Den zweiten Preis macht das Bahnhofsprojekt, gewonnen hat das „Hallenbad der Zukunft“. Die Gewinner können im Mai kommenden Jahres nach München zu einer zentralen Diskussionsveranstaltung fahren, um dort weiter an ihren Visionen für die Gestaltung der Zukunft zu haben. Jetzt geht es aber erst einmal nach Hause – ins Bett. „Ich bin sehr müde“, gesteht Milakovic schmunzelnd.